Agiles Arbeiten ermöglicht eine breite Beteiligung aller Mitwirkenden. Es braucht aber einen Rahmen, in dem die Teammitglieder sich entsprechend entfalten und kooperieren können. Wie das Team sich selbst führt oder ob es von Außenstehenden geführt wird, in jedem Fall müssen die Regeln der Kommunikation, die Ziele und deren Beobachtbarkeit festgelegt werden.
Führung bedeutet das Lenken von Aufmerksamkeit und die Einflussnahme auf Kommunikation. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Kein Team ist wie ein anderes. Jedoch die anthropologischen Faktoren für Motivation, das Gefühl von Zugehörigkeit und das Streben nach Autonomie und Wertschätzung, sowie das Bedürfnis nach Vollendung der Tätigkeiten sind in allen Gruppen die Grundlage, die Voraussetzung und der Nährboden für gute Kooperation.
Deshalb ist es sinnvoll, dass Teams sich ihre Regeln selbst geben, denn sie müssen mit diesen Regeln auch arbeiten und die Teammitglieder müssen die Atmosphäre als eine stimmige empfinden. Die Art der Kooperation muss dem „Wesen“ des jeweiligen Teams entsprechen. Gleichzeitig muß ein Auftraggeber, ein hierarchisch übergeordneter Verantwortlicher - sofern es einen gibt- transparent die Erwartungen und Ziele klären.
Bei diesem Selbstbestimmungsprozess des Teams und der Kommunikation der Erwartungen kann es hilfreich sein, sich von einem Experten oder einer Expertin im Fokussieren der richtigen Interventionen unterstützen zu lassen, um in einen Zustand des „deep work“ zu kommen.
Selbstorganisation findet in sozialen oder ökologischen Systemen immer statt.
Die Elemente verhalten sich zueinander so, dass es zu deren eigener Systemlogik passt.
Soziale Systeme „besitzen“ Eigenschaften, die sie mit andern Systemen teilen. Homöostase ist eines davon. Systeme streben auf ein internes Gleichgewicht hin. Gibt es in einer Gruppe extrem Veränderungsaktive, wird es in dieser Gruppe auch Menschen geben, die beharrlich am Alten festhalten und der Veränderung Bedenken entgegenbringen. Gibt es schnelle, wird es auch Langsame geben. Kennt man diese Eigenschaften, kann man dadurch Einfluss ausüben auf das Verhalten der internen Kräfte und sie in einem gewünschten Maße verändern - wenn man sie auch nicht steuern kann.
Organisationen sind immer eine Mischung aus Organisation und Selbstorganisation.
Sofern keiner steuernd eingreift, kommen alle zu Wort, die sich Gehör verschaffen. Das kann von Vorteil sein, weil dadurch auch die Stimmen zu Wort kommen, die ansonsten womöglich in der Kommunikation nicht vorgesehen waren, es kann aber auch von Nachteil sein, weil sich nur die Lauten Gehör verschaffen, egal ob sie einen sinnvollen Beitrag dadurch leisten oder einen schlechten.
Will man die Vorteile aus der Selbstorganisation nutzen, so ist es ratsam, dass es jemanden oder ein Team gibt, das den Kontext so organisiert und stabil hält, dass es einen Rahmen gibt, in dem alle zu Wort kommen können und wo es einen Modus der Entscheidungsfindung gibt, der sich am Konsens orientiert oder an den Maßstäben der Organisation.
Selbstorganisation muss deshalb minimalistisch, aber dennoch organisiert werden.
Die Digitalisierung der Kommunikation und des Wissens verändert unsere Art der Kommunikation, der Wahrnehmung der Wirklichkeit und die Formen der Kooperation. Sie besitzt eine enorm hohe Geschwindigkeit. Man kann als Gesprächspartner gleichzeitig da und dort sein, ohne dort physisch anwesend sein zu müssen. Man sieht den anderen noch nicht einmal. Das kann Vor- und Nachteile haben.
In der Begegnung mit Kindern und Jugendlichen kommen diese Veränderungen ganz deutlich zum Ausdruck, sind sie doch mit den technischen Möglichkeiten aufgewachsen und nutzen sie selbstverständlich. Aufmerksamkeit bekommt, was relevant erscheint und Bedürfnisse bedient, ganz gleich welche Folgen es hat.
Die Nutzung von social media, von smartphone und tablet und deren Auswirkungen sind mit den herkömmlichen Mustern der Intervention nicht mehr zu steuern. Die einzige Möglichkeit der Einflussnahme besteht darin, den Fokus der Aufmerksamkeit zu verschieben und die Bedürfnisse, z.B. nach Zugehörigkeit, Beziehung, Kompetenzsteigerung, Anerkennung und Bindung anders zu bedienen.
Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen die Fähigkeit zu entwickeln, sich selbst zu steuern, einen reflektierten Umgang mit Geräten und Gesprächen zu entwickeln und den Rahmen darf zu schaffen, das Bedürfnis nach Kommunikation und Wirksamkeit anders, nachhaltiger zu befriedigen, darin könnte eine Möglichkeit für eine neue Beziehungskultur zwischen Kindern und Erwachsenen liegen.
Die Digitalisierung der Kommunikation muss mit analogen Mitteln, durch Menschen, mit den Mitteln der Begegnung und der Interaktion gestaltet werden.
Schulen werden dabei vor große Herausforderungen gestellt, denn der gewohnte Lehrrahmen ist nicht auf agiles Lernen und Selbststeuerung ausgerichtet, sondern auf Gehorsam und fremdgesetzte Lernsettings. So kann keine Befähigung zu einem selbstgesteuerten Verhalten stattfinden.
Da die heute Lehrenden nicht oder nur wenig digital sozialisiert wurden und die Kinder in vielen Bereichen wissender sind, gerät dadurch das traditionelle Verhältnis von Lernenden und Lehrenden in Schieflage. Das Selbstverständnis der Lehrenden muss sich verändern, denn gelehrt werden schon jetzt nicht mehr Inhalte (die das Netz viel schneller und wesentlich ausführlicher zur Verfügung stellt), sondern vor allen Dingen Formen, soziale Kompetenzen und die Fähigkeit, sich Wissen anzueignen. Und das geht über Beziehungen und über die Haltung der Pädagogen.
Wir könnten also die Digitalisierung des Wissens ebenfalls dazu nutzen, eine neue, auf Gleichwürdigkeit und Kooperation ausgerichtete Beziehungskultur zu schaffen.